Sprache auswählen

Push & Pull in der Hydroponik
  Grundlagen des integrierten Schädlingsmanagements

1. Einleitung

Das Push & Pull-Konzept im integrierten Schädlingsmanagement (IPM) stellt einen paradigmengleichen Ansatz dar, der insbesondere in kontrollierten landwirtschaftlichen Systemen wie der Hydroponik an Bedeutung gewinnt. Im Gegensatz zu reaktiven Bekämpfungsmethoden basiert dieser Ansatz auf präventiven, ökologisch nachhaltigen Strategien zur Schädlingsregulation (Cook et al., 2007).

2. Wissenschaftliche Grundlagen

Das Push & Pull-Prinzip nutzt semiochemische Signale (Botenstoffe, die der Informationsübertragung zwischen Organismen dienen), um das Verhalten von Schädlingen gezielt zu manipulieren. In hydroponischen Systemen, charakterisiert durch geschlossene Kreisläufe und kontrollierte Umweltbedingungen, erweisen sich diese Methoden als besonders effizient (Khan et al., 2010).

Push-Komponente

Bezeichnet die Abwehr von Schädlingen durch Vergrämungsstoffe (Repellents) oder antixenotische Eigenschaften (Eigenschaften, die einen Organismus für Schädlinge unattraktiv machen).

Pull-Komponente

Bezeichnet die Attraktion von Schädlingen zu Lockpflanzen (Trap Plants) oder Fallen durch spezifische Stimuli.

3. Push-Strategien: Abwehrmechanismen

Pflanzenextrakte mit repellenter Wirkung stellen eine nachhaltige Alternative zu synthetischen Insektiziden dar. In hydroponischen Systemen können diese über die Nährlösung appliziert werden (Isman, 2006).

  • Neemöl (Azadirachta indica): Enthält Azadirachtin, ein wirksames Repellent gegen verschiedene Insektenarten.
  • Pyrethrine: Natürliche Insektizide aus Chrysanthemen mit repellenter und insektizider Wirkung.

Die gezielte Stärkung der pflanzeneigenen Abwehrkräfte durch spezifische Nährstoffkombinationen oder Elicitoren (Substanzen, die Abwehrreaktionen in Pflanzen auslösen) reduziert die Anfälligkeit für Schädlingsbefall (Walters et al., 2005).

  • Silizium: Erhöht die mechanische Widerstandsfähigkeit des Pflanzengewebes.
  • Chitosan: Induziert systemisch erworbene Resistenz (SAR) in Pflanzen.

4. Pull-Strategien: Lockmechanismen

MethodeWirkprinzipAnwendung in HydroponikEffektivität
Lockpflanzen (Trap Crops) Attraktivere Wirtspflanzen für Schädlinge Perimeter-Bepflanzung um Hauptkultur Hoch bei richtiger Artenauswahl
Pheromonfallen Sexuell lockende Duftstoffe Strategische Platzierung im Gewächshaus Artenspezifisch, sehr effektiv
Farbfallen Visuelle Attraktion durch spezifische Wellenlängen Gelb- oder Blautafeln nahe Pflanzen Mittel, gute Ergänzung

Praktische Implementierung

Für Blattläuse eignen sich Senfpflanzen (Brassica juncea) als effektive Lockpflanzen, während Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus) als Perimeter-Pflanze Weiße Fliegen von Tomatenkulturen ablenken kann (Hokkanen, 1991).

5. Kombination und Systemintegration

Synergieeffekte im Push & Pull-System

Die eigentliche Stärke des Push & Pull-Ansatzes liegt in der synergistischen Kombination beider Komponenten. Durch gleichzeitige Applikation von Repellents auf der Hauptkultur und Platzierung von Attraktanten an strategischen Positionen wird ein Verhaltens-Konflikt bei Schädlingen erzeugt, der zu einer signifikanten Reduktion des Schadens führt (Cook et al., 2007).

Optimierungsfaktoren für hydroponische Systeme:

  • Präzise Dosierung von Repellents über die Nährlösung
  • Raumoptimierte Platzierung von Lockpflanzen
  • Klimakontrolle zur Maximierung der semiochemischen Verbreitung
  • Monitoring durch sensorgestützte Erfassungssysteme

6. Fazit und Ausblick

Das Push & Pull-Konzept bietet für hydroponische Anbausysteme ein wissenschaftlich fundiertes, nachhaltiges Schädlingsmanagement. Die Kombination aus moderner Sensorik, präziser Applikationstechnik und ökologischer Prinzipien ermöglicht eine Reduktion des Pestizideinsatzes bei gleichzeitiger Steigerung der Systemresilienz.

Literaturverzeichnis

  1. Cook, S. M., Khan, Z. R., & Pickett, J. A. (2007). The use of push-pull strategies in integrated pest management. Annual Review of Entomology, 52, 375-400.
  2. Khan, Z. R., Midega, C. A., Bruce, T. J., Hooper, A. M., & Pickett, J. A. (2010). Exploiting phytochemicals for developing a 'push-pull' crop protection strategy for cereal farmers in Africa. Journal of Experimental Botany, 61(15), 4185-4196.
  3. Isman, M. B. (2006). Botanical insecticides, deterrents, and repellents in modern agriculture and an increasingly regulated world. Annual Review of Entomology, 51, 45-66.
  4. Walters, D. R., Walker, R. L., & Walker, K. C. (2005). Lauric acid exhibits antifungal activity against plant pathogenic fungi. Journal of Phytopathology, 153(7-8), 484-491.
  5. Hokkanen, H. M. (1991). Trap cropping in pest management. Annual Review of Entomology, 36, 119-138.

Kontext: 

URL