Vorwort
Hier bespreche ich den Aufbau einer kleinen Hydroponikanlage. Aquaponikanlagen sind technisch höchst anspruchsvoll und unterliegen auch dem Tierschutz, weshalb ich vor dem Aufbau einer eigenen Anlage dem Leser oder der Leserin eine Studie nahelegen möchte die unter wissenschaftlichen Kriterien darüber berichtet. Natürlich können Sie auch auch bei uns beraten lassen.
Der Bau einer eigenen Anlage für den Hausbedarf oder auch nur das Erlebnis einer eigenen Miniaturfarm, ist betriebswirtschaftlich eine kostspielige Angelegenheit. Die ganzen Aufwendungen zusammengerechnet und den eigenen Stundenlohn auf Null Euro gesetzt, landet man schnell bei 200 bis 300 Euro an einmaligen1 Materialkosten für den Aufbau und bei etwa 50 bis 100 Euro für Dünger, Wasser und Strom - pro Ernte. Wer im Großmarkt schon einmal einkaufen war, wird sich an den Kopf greifen und shoppen gehen.
1) Es gibt zumindest bei der Pumpe einen Verschleiß. Wer seinen Händler in den Wahnsinn treiben möchte, passt gut auf die Quittung auf und tauscht diese einfach bei Defekt um, da sie selten zwei Jahre im Dauerbetrieb überlebt. Das heißt: sorgen Sie für eine Ersatzpumpe schon vor Inbetriebnahme der Anlage !
Wer einen Garten oder Hinterhof zu Verfügung hat und auch mit Sonne rechnen kann und nicht nur seinen überzähligen Beistelltisch einem produktiven Zweitleben zuführen möchte, wird mit etwas mehr Aufwand und ein bisschen technischem Geschick auf seine Kosten kommen, wenn auch nicht in monetärer Hinsicht - wie bereits erwähnt, ja nach Größe der Anlage.
Der perfekte Ort für Hydroponik ist, zumindest in kühleren Breitengraden (mit Frost), das Gewächshaus. In diesem Beitrag werden wir die Anlage außer Haus, aber ohne Gewächshaus gestalten. Also eine Freiland-Hydroponik-Anlage. Diese kann, je nach Wetter, sechs bis acht Monate betrieben werden.
Gestaltung und Dimensionierung
Für den Anfang und diesen Artikel habe ich NFT (Nährstoff-Film-Technik = Nutrient Film Technic) ausgewählt. Diese hat viele Vorteile aber auch die Nachteile muss man erwähnen: Ein besonderer Haken ist der Verlust aller Pflanzen bei defekten Pumpen oder Stromausfall.
Hier finden Sie andere Anlagentypen im Überblick...
Kurzfassung zur NFT Technik:
Pro:
- geringer Nährstoffverbrauch
- geringer Wasserverbrauch
- sehr hoher Ertrag
Kontra:
- hohe Anschaffungskosten
- Stromversorgung nötig
- Kontrollaufwand nötig
- bei Strom- oder Pumpenausfall: Ernte-Verlust
Die Realisierung der Anlage gestaltet sich handwerklich sehr einfach und mit relativ geringem Aufwand. Wir benötigen zuerst einige Meter KG-Rohren (Kanalgrundrohren) um die Gestaltungsmöglichkeiten zu umreißen. Die Verwendung von Kanalgrundrohren hat viele Vorteile. Sie sind Säuren- und Laugenbeständig und durch ihre Verbreitung sehr günstig. Ab etwa 5.- € pro Meter und etwa drei Euro pro Winkel kommt man bei einer 20 Meter-Anlage, mit etwa 50 bis 60 Pflanzen Kapazität, schon mit knapp 100 Euro aus. Diese Rohre sind übrigens nicht Frostsicher -was auch immer Sie im Winter anpflanzen wollen, bitte schreiben Sie mir!
Aufstellungsort
Die verfügbaren KG-Rohrtypen (Biegung, Teilung, etc., Foto siehe unten) erlauben eine große Freiheit bei der Gestaltung der eigenen Anlage. Den einzigen Punkt, den man stets im Hinterkopf haben sollte, ist das nötige Gefälle, das eine Anlage des Typs NFT nötig macht. In Kombination mit der Steig-Leistung der gewählten Pumpe (siehe Tabelle unten) steht auch das maximale Gefälle auf der Rohrstrecke fest. Also von dem Punkt an dem der Nährstoff (Wasser mit Dünger) in die Anlage gepumpt wird, bis zum Abflussbecken, darf der Höhenunterschied nur so hoch sein wie die maximale Förderhöhe der gewählten Pumpe.
Mit der von uns verwendeten Aquarienpumpe ergab sich das diese bei etwa 1,3 Meter Steighöhe Ihre Leistungsgrenze erreicht hat. In unserer Anlage haben wir zusätzlich ein Reservoir von 65 Litern hinzugefügt. Die 20 Meter Rohrleitung die wir dafür verwenden hat also ein Gefälle von etwa 1,2 Meter auf 20 Meter Länge. Weniger Gefälle verringert schnell den Sauerstoffgehalt in der Nährlösung.
Der Bauplan
Es empfiehlt sich eine Skizze anzufertigen, bevor man die Rohre zurechtschneidet (wenn überhaupt nötig) und zusammensteckt. Das Zusammenstecken bedarf etwas körperlicher Anstrengung oder man schmiert etwas Speiseöl auf die Gummidichtung. Das auseinanderzieren der Rohre, sollte man sich geirrt haben oder umbauen wollen, gestaltet sich sehr kraftaufwendig.
Diese Skizze dient der Orientierung um die Ausmaße der Anlage abschätzen zu können. Ein Rohrelement hat einen Meter Länge, Ein Bogen von 90 Grad nimmt etwa 25 X 25 cm Platz ein. Das große blaue Fass dient als Reservoire. Aus diesem wird mit einer Pumpe die Nährlösung in das Rohrsystem gepumpt. Nach dem die Nährflüssigkeit das Rohrsystem verlassen hat wird diese in einer flachen Schale aufgefangen und in das Reservoir zurückgepumpt. Die Pumpe, welche die Schale leer pumpt läuft etwas schneller als die Reservoir-Pumpe (oben). Sinn dieser Konstellation ist: stets genügend Reserve in der großen Tonnen zu haben. Da die Pflanzen (ca. 30 Tomatenstauden) in dieser Anlage bis zu 30 Liter Wasser pro Tag verbrauchen können (in Portugal bei 40 Grad Celsius im Schatten), und wir nur einmal am Tag die Anlage nachfüllen möchten. Dazu die niedrige Pumpleistung (1.3 Meter Steighöhe). Nun muß der Nährstoff aus einer möglichst tiefen Stelle entnommen, aber nur 1,3 Meter nach oben gepumpt werden. Deshalb ist diese Anlagenkonfiguration mit nur einem großen Reservoir nicht realisierbar. Das wäre sie schon, nur bei einer Faßhöhe von einem Meter, einem Gefälle der Rohrleitungen um etwa 1,2 Meter, würde das Einspeiserohr auf einer Höhe von 2,2 Metern liegen. Da will niemand hinklettern um die Pflanzen zu ernten.
Was auf dieser Skizze verloren gegangen ist, ist die dritte Dimension.
Pflanzen
Eine Liste geeigneter Pflanzen finden Sie hier.
Energiebedarf
Jetzt kommen wir zu der Aquariumpumpe, die die Nährlösung umwälzt.
Ein kurzer Hinweis zu den Aquarien-Pumpen für Heimanlagen: Die technischen Daten die verfügbar sind, sind angesichts der Kundenkommentare mehr als Spekulativ um nicht zu sagen als höchst Zweifelhaft zu bewerten. Vergleichsportale, von denen es dazu erstaunlich viele gibt, scheinen als Kriterium eher die Kundenbewertung als technische Messungen zu verwenden. Allen die mit Technik oder Naturwissenschaften zu tun haben stehen hier vermutlich die Haare zu Berge.
Modell
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Leistung pro Stunde |
Steighöhe in Metern |
Stromverbrauch im Monat 24 Std. a 30 Tage = 720 Std. |
Kosten pro Monat bei 0,35 € pro kWh |
EHEIM compactON 1000 | bis 1.000 Liter | 1.4 Meter | 15 W x 720 h = 10,8 kWh | 3,78 € |
EHEIM compactON 12000 | bis 12.000 Liter | 4,2 Meter | 110 W x 720 h = 79,2 kWh | 27,72 € |
EXCELCO CHJ-900 | bis 900 Liter | 1,5 Meter | 20 W x 720 h = 14,4 kWh | 5,04 € |
EXCELCO CHI-1500 | bis 1.500 Liter | 1,8 Meter | 25 W x 720 h = 18,0 kWh | 6,30 € |
Zacro | bis 2.000 Liter | 2,3 Meter | 40 W x 720 h = 28,8 kWh | 10,08 € |
Evenes HS 35-25 (* | bis 2.600 Liter | 4,0 Meter | 23 W x 720 h = 16,6 kWh | 5,80 € |
Alle Angaben in dieser Liste beruhen auf Herstellerangaben und sind stets mit Zweifel zu betrachten.
*) Das Modell von Evenes ist hier nur als Beispiel genannt, um einen Vergleich zwischen einer hoch optimierten Umwälz-Pumpe und Aquarien-Pumpen zu zeigen. Eine solche Umwälzpumpe kostet zwischen 100 und 200 €. Die übliche Lebensdauer beträgt etwa 15 Betriebsjahre - fragen Sie Ihren Klempner nach einem guten Angebot. Die Aquarienpumpen gibt es ab 20.- €. Bei einem dauerhaften Betrieb sollte man die Stromkosten nicht unterschätzen.
Kontext: